The Zone of Interest
Filmbesprechung
Filme sind Teil der Erinnerungskultur. „Schindlers Liste“ und „Der Untergang“ sind Beispiel dafür. „The Zone of Interest“ ist ein Film, der unser Erinnern mit neuen Facetten erweitern wird, nicht zuletzt, weil er mit vielem bricht, was wir von Filmen über den Nationalsozialismus gewohnt sind.
Filme über den Holocaust nehmen häufig die Perspektive der Verfolgten in den Blick, oder die Perspektive einer Person, die von dem Menschheitsverbrechen nichts ahnt und erst allmählich herausfindet, was vor sich geht. Die Zuschauer können sich so mit einem moralisch intakten Charakter identifizieren und das Entsetzen über die Massenmorde teilen. Sind jedoch Nazis die Hauptfiguren, gibt es ein Identifikationsproblem: Man kann nicht mit den Mördern mitfühlen.
In „The Zone of Interest“ geht es um das Leben von Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß und seiner Familie, seiner Frau und 5 Kindern, ein Garten- und Wohnidyll an den Mauern von Auschwitz. Die Opfer der Nazis werden nicht gezeigt, kein einziges Mal blickt man hinter die Mauern des Vernichtungslagers. The Zone of Interest bietet den Zuschauenden keine Identifikationsfiguren und erschwert es so, sich moralisch von den Tätern abzugrenzen. Sie werden in ihrer ganzen Banalität gezeigt.
Das bürgerliche Leben an den Mauern des Todeslagers wirft viele Fragen auf. Eine davon ist: Wie sehr muss man ideologisch überzeugt und auf den eigenen Vorteil bedacht sein, um das Leid der Anderen nicht mehr wahrzunehmen? Wie funktioniert Verdrängung – auch heute? Wie ist es Menschen möglich in direkter Nachbarschaft zu einer Tötungsfabrik zu leben und jegliches Gespür dafür auszublenden, was hinter den Mauern geschieht.
Regisseur Jonathan Glazer ist es mit diesem Film gelungen, den Holocaus anders als bisher darzustellen. Er verzichtet darauf, in Bildern zu zeigen, welche Gräueltaten hinter den Mauern passieren. Das überlässt er dem Ton. Die allgegenwärtigen Geräusche des Vernichtungslagers brauchen keine Bilder, um den Schrecken zu transportieren. Es gibt so gut wie keine Musik. Die knapp eingesetzten Töne sind elektronisch.
„The Zone of Interest“ wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Großen Jurypreis bei den Filmfestspielen in Cannes 2023. Bei den Oscars, 2024, war er fünfmal nominiert. Für den Besten Internationalen Film und für den Besten Ton gab es zwei Trophäen. Er ist ein wichtiger und guter Film. Höß-Darsteller Christian Friedel sagt zu „The Zone of Interest“: „Wenn ich jetzt sehe, in was für Zeiten wir leben, wie relevant der Film ist, bin ich glücklich, dass wir ihn gemacht haben.“
The Zone of Interest: USA/Großbritannien/Polen 2023 – R.: Jonatan Glazer
Einführung und Filmgespräch: Stefan Querl, Leiter des Geschichtsortes Villa ten Hompel in Münster
Herzliche Einladung zur Teilnahme!
Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns über eine Spende.
Anmeldung
Synodalbüro des Ev. Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken
st-bildung@ekvw.deTel. 01573 2479826Bohlenstiege 34, 48565 SteinfurtAus organisatorischen Grünen bitten wir um eine Anmeldung bis 16.01.2026.
Bildnachweis: Silvi Kühne